Ich versuche seit gestern, einen Blogbeitrag über die Adventswerkstatt zu schreiben.
Aber mein Bauchgefühl spielt nicht mit. Kann man einfach über scheinbar Belangloses schreiben? Obwohl die Adventswerkstatt beileibe nicht belanglos ist, genau sowenig wie meine große Leidenschaft Scrapbooking.
Es scheint im Licht und im Nachklang der Ereignisse vom vergangenen Freitag aber so zu sein, es fühlt sich so an.
People light candles in the form of the "Peace for Paris" symbol during a vigil in Kathmandu. (REUTERS/Navesh Chitrakara)
Seit ich am Freitagabend zuhause (zu der Zeit knietief in Bastelmaterial verschwunden) die erste unklare Twitter Push Mitteilung auf's Handy bekam, kreisen meine Gedanken fast ununterbrochen um das Grauen von Paris, um die Bedrohung durch den Terror. Fernseher angemacht, die erste Live-Schaltung nach Paris hatte CNN. Langsam entfaltete sich die ganze Tragweite der Tragödie, auf allen Kanälen. Die Hashtags #parisattacks und #prayforparis wurden im Sekundentakt aufgerufen, erste Periscope Streams aus Paris starteten, aber die app brach kurzzeitig zusammen.
Bis drei in der Nacht klebte ich am Fernseher und am Handy, unfassbar nah rückte der Terror, auch in meinen Kopf.
Mein Samstag war vermutlich wie bei vielen von Euch belastet, überschattet, gedämpft von den Ereignissen der Nacht zuvor. Ein mulmiges Gefühl, das mir beim Aufwachen in Erinnerung rief – heute ist es nicht wie sonst. Erinnerungen an 9/11 wurden wach.
Am Sonntag tauchte ich ab in den Workshop mit vielen netten Gästen und viel Glimmer, keine Zeit zum Nachdenken.
Dann, abends erschöpft aber wieder in Ruhe zuhause ging es eben nicht, einfach so über das adventliche Basteln zu schreiben
Ich bin zu Zeiten der RAF großgeworden, damals war das Wort Terror fast täglich in den Medien zu hören, aber abstrakt für mich. Und weit weg, obwohl im eigenen Land. Ich lernte in meiner Ausbildung bei Lufthansa, wie man nach einer Bomb Search Checklist ein Flugzeug nach Sprengstoff untersucht, überall im Land hingen damals die Fahndungsplakate. Aber ich hatte niemals Angst, obwohl die Bedrohung ja NUR in Deutschland bestand. Das Ziel der damaligen Attentate waren Politiker und Menschen, die nach meinem subjektiven Empfinden weit weg von mir waren.
Und jetzt?
Jederzeit und überall.
Die großartige Tanja hat auf ihrem Blog Lucie Marshall mir heute aus der Seele gesprochen: "Dieses Gefühl, dass jemand ohne zu fragen deinen geschützten Raum betreten hat. Dass der Terror nicht im Libanon, in Syrien oder im Irak stattfindet, sondern hier bei uns. In Cafés, auf Konzerten und eben nicht in Kriegsgebieten, wo man es erwartet."
In drei Wochen werde ich mit zwei Freundinnen zu einem USA-Reise-Abenteuer aufbrechen, darauf freuen wir uns seit einem Jahr. Heute morgen frage mich eine der Mädels: sollen wir nicht lieber ins Sauerland fahren? Da ist es wenigstens ungefährlich.
No way! Wir fliegen! Jetzt erst recht.
Ich möchte nicht in einer Welt von Hass und Angst leben, ich möchte mich nicht nicht auf jedem Bahnhof oder Flughafen ständig umsehen. Ausblenden kann man das ganze Ausmaß der Entwicklung sicher nicht, aber ich habe das oft unfassbare Glück, in einem freien Land geboren zu sein. Das bedeutet mir von Tag zu Tag mehr.
So soll es bleiben, ich will Spaß haben, feiern, reisen, das Leben geniessen, ohne Angst. Lassen wir sie nicht gewinnen, diese abscheulichen Bestien.
Alles Liebe
Barbara
5 Comments
Liebe Barbara,
ich war am Freitag mit meinen Freundinnen bis spät lecker Essen und einen Cocktail trinken. Als ich zu Hause ankam und die Nachrichten gesehen habe, konnte ich mich auch nicht davon lösen und habe auch bestimmt 2 Stunden vor dem Fernseher gekauert. Es berührt uns, es macht uns Angst….und wir können nichts daran ändern. Aber ich finde deine Einstellung gut: Wir müssen nach vorne schauen! Sonst kapitulieren wir vor ihnen und unserer Angst.
Ich hoffe, euer WS war trotzdem schön und ihr konntet ihn geniessen.
Liebe Grüße,
Meli
Es ist unfassbar, aber ich empfinde genauso – die Angst und die Freiheitseinschränkung dürfen nicht siegen. Deshalb wünsche ich dir auch eine schöne Adventszeit und einen tollen Urlaub.
Liebe Grüße Petra
Danke für deinen Post =)
Mir geht es ähnlich wie dir, wahrscheinlich geht es derzeit jedem so.
…wenn ich meinen Sohn anblicke und mich frage, wo es eigentlich noch sicher für ihn sein wird, wenn er erwachsen ist und wo es jetzt am sichersten ist, dann ärgere ich mich über mich selbst. NEIN, wir dürfen und wollen uns nicht von diesen Menschen verängstigen und einschränken lassen. Das hier ist unser Leben, unser Land und FREIHEIT ist, neben Liebe, unser größtes Gut. Genau so soll es sein, so soll es bleiben.
Genießt eure Urlaub =)
Liebe Grüße
Eileen
Barbara du sprichst und schreibst mir aus der Seele. Ich denke auch, nur nicht unterkriegen lassen und Angst zeigen. Denn ich möchte meine Freiheit, für die viele Frauen im letzten Jahrhundert gekämpft haben, nicht missen und aufgeben. Es ist bedrückend aber ich schaue nach vorn.
liebe Grüße und einen schönen Urlaub
Angelika
Liebe Barbara,
du hast ja so recht! Ich würde wegen dieser Deppen auch keine Reise absagen. Wir hatten vor rund 16 Jahren wegen der Inhaftierung und Terrorgefahr von Öcalan in der Türkei einen lange geplanten Urlaub umgebucht und sind stattdessen nach Griechenland geflogen. Abgesehen davon, dass dieser Urlaub auch schön war, würde ich heute anders entscheiden.
Das allerschlimmste finde ich, dass jetzt alle Muslime über einen Kamm geschert werden und die Stimmung gerade in Hinblick auf die vielen Syrien-Flüchtlinge auch bei uns in Österreich langsam kippt. Die rechtsgesinnten Parteien erleben einen haarsträubenden Zulauf und das ist es, was mir Angst macht.
Ich wünsche dir trotzdem einen ganz tollen USA-Aufenthalt! Ich freue mich schon jetzt auf deinen Reisebericht.
Liebe Grüße
Sabine