Persönliches Scrapbooking Scrapbooking Layout

Was wirklich bleibt …

28. Februar 2017

Darüber, dass Scrapbooking für mich auch manchmal Therapie sein kann, oder ein Ventil für meine Gefühle, habe ich hier schon einige Male geschrieben.

Heute hat mein Mann Geburtstag, auch wenn er nicht mehr bei uns ist. Ich schreibe nicht hätte, denn der Tag ist und bleibt für immer sein Geburtstag. Auch, wenn wir ihn schon zum neunten Mal nicht mehr feiern können. Ein Blumenstrauß auf dem Friedhof ist keine Feier. Nur eine Erinnerung.

In meinen Scrapbooking-Alben bleibt die Erinnerung lebendig, auch wenn es mir immer noch schwer fällt, die Fotos meines Mannes ohne Zorn und Trauer anzuschauen. Im Fall dieses Layouts war auch nicht das Foto die Inspiration, sondern der Text, den ich darauf geschrieben habe. 

Als ich neulich zufällig den Song von Christina Stürmer im Radio hörte, hatte ich seit langer Zeit mal wieder das beklemmende Gefühl in der Brust, das Gefühl von Hilflosigkeit. Wie schnell kann alles zu Ende sein, daran denken wir bewusst nicht gerne oder zu selten.  

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Gerade in dieser Jahreszeit, die für mich auf immer mit Sterben, Trauer und Depressionen verbunden sein wird, hilft es mir, meine Gedanken nicht wegzuschieben, sondern sie zuzulassen. Und aufzuschreiben. 

Der Song-Text sagt in diesem Fall genau aus, was ich fühle.

Wenn ich Scrapbooking mache, ist in den meisten Fällen ein Foto der Auslöser, oder die Inspiration. In diesem Fall war es umgekehrt. Das Foto dazu habe ich bewusst gewählt, es war das letzte vor der Chemotherapie, das letzte äusserlich "normale" Foto. 

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Um das zu betonen, habe ich das Datum neben das Foto gestempelt. Fast neun Jahre liegen zwischen der Momentaufnahme und diesem Layout. Neun Jahre, in denen ich lernen musste, das Schicksal anzunehmen und das Universum als unabänderlich zu akzeptieren.

Diese neun Jahre hatten viel Gutes und es hat sich vieles verändert. Meine Kinder sind erwachsen geworden, ich habe wieder einen Job gefunden, unser Leben ging weiter und ich bin dankbar dafür.

Ich habe in meiner Familie und in meinem Freundeskreis beides erlebt: den "angekündigten" Tod durch Krebs, die ätzenden Therapien, das Morphium, das Hospiz, den grausamen, schleichenden, schmerzvollen Tod. Und auch den "plötzlichen", durch Suizid oder tödlichen Infarkt, der die Zurückgebliebenen unvermittelt trifft und mit vielen Fragen zurücklässt, ohne Chance auf Verabschiedung. Es ist beides schrecklich.

Grundsätzlich bin ich ein unverbesserlicher Optimist und schaue fast immer nach vorne, denke lösungsorientiert. 

Aber woran will ich mich erinnern? Was bleibt wirklich?

Die guten Momente, die schönen Erinnerungen aus 36 Jahren Beziehung, das wunderbare Leben, dass wir als Paar und als Familie mit vier Kindern zusammen hatten. Sicher gab es auch Krisen, Probleme, Schmerz und unfassbar grausame Zeiten. Und die Trauer.

Aber was bleibt? Das Gute, das Schöne, das Positive, das bleibt in der Erinnerung wesentlich lebendiger, jedenfalls ist das bei mir so. Die Fotos bleiben, die Videos, die Erinnerungen, die ich in meinen Scrapbooks festhalte. Meine Kinder bleiben, das wertvollste und schönste Geschenk, das das Leben mir gegeben hat. Die Familie, die Freunde, die Begegnungen, auch hier über den Blog.

Daran will ich mich erinnern.

Deshalb ist der Zeitpunkt dieser Gedanken auf meinem Layout auch noch einmal besonders vermerkt.

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Den Text habe ich mit der Schreibmaschine direkt auf das Layout geschrieben, mit Tippfehlern, das bleibt nicht aus. Aber das ist o.k., ist ja schließlich Handarbeit. Ich glaube, ich muss mir mal Tipp Ex besorgen, gibt es das überhaupt noch? Die Maschine hat dazu noch eine amerikanische Tastatur, ohne Umlaute und mit einer anderen Anordnung der Tasten, man muss sich schon sehr konzentrieren beim Schreiben. Mir gefällt trotzdem gut, dass man damit direkt auf große 30,5 cm große Papiere schreiben kann. Alternative wäre ein A3 Drucker, aber der ist mir zu teuer und zu groß.

Ich weiß, dass viele Blogger kaum Privates auf ihren Blogs teilen, die meisten Blogs, denen ich folge haben schöne helle Bilder, die eine schöne durchgestylte Welt zeigen. Das ist super, ich mag das, es ist ein Genuss für's Auge, genau wie schöne Instagram-Feeds.

Auf meinem Blog geht es auch zu 99% um schöne Dinge, um Spaß und Freude, so soll es sein, ganz bewusst.

An Tagen wie diesen ist das anders, ausnahmsweise.

Und hört mal rein in den Song von Christina Stürmer, es ist einfach ein netter Popsong, auch wenn der Text jetzt bei mir so schwer wirkt.

Lasst uns jede Sekunde auskosten, jeden Sonnenstrahl dankbar empfangen, das Lachen unserer Kinder bewusster wahrnehmen und einfach das Leben genießen, ja?

Alles Liebe

Barbara

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16 Comments

  • Reply Jane 28. Februar 2017 at 7:20

    Danke für deinen Beitrag. Ich sitze hier im Zug und kämpfe mit den Tränen. Heute vor 4 Wochen starb mein Papa. Krebs, Chemo, Bestrahlung. Alles weitgehend gut überstanden. dann im Dezember eine Lungenentzündung, im Krankenhaus dann eine zweite dazu…. zu viel für seinen geschwächten Körper. Mir gruselt vor dem ersten Geburtstag ohne ihn, dem ersten Weihnachten, dem ersten Silvester…. ich hoffe ich finde irgendwann wieder eine gewisse Unbeschwertheit.
    Ich finde es gut, dass nicht alle immer nur auf “Happy Kirsch” machen Barbara, denn genau diese öffentliche Verleugnung von schrecklichen Schicksalsschlägen macht uns die um so schwerer wenn man selbst betroffen ist.

  • Reply Brigitta Gaisser 28. Februar 2017 at 9:21

    Liebe Barbara, danke, daß Du diese sehr persönlichen Gedanken mit uns teilst. Ich kann das voll nachempfinden. Auch ich habe meinen Mann durch diese hinterhältige Krankheit verloren. Aber auch diese Seite gehört zu unserem Leben dazu. Alles Liebe Brigitta

  • Reply Petra 28. Februar 2017 at 9:45

    Ein schönes Layout mit “Gänsehautlied” – der Text ist toll. Und am meisten gefällt mir, dass du ihn so geschrieben hast und nicht gedruckt und perfekt.
    Ich habe eine Freundin, die den Tod ihres Partners nicht überwunden hat und keiner durfte das Thema auch nach sehr langer Zeit ansprechen… alle waren hiflos. Dann habe ich ihr irgendwann mal deinen Blog empfohlen – obwohl sie nichts mit kreativ und Papier zu tun hat.
    Es war eine sehr gute Therapie!! Und ich werde sie auch jetzt auf diesen Blogeintrag aufmerksam machen. Und danke auch dir … du hast ihr sehr geholfen.
    Liebe Grüße
    Petra

  • Reply Sabine 28. Februar 2017 at 18:49

    Liebe Barbara, gut, dass du so schöne Erinnerungen hast und einen Weg gefunden hast mit deinem Verlust umzugehen. Ich finde es schön, dass du schreibst, dass dein Mann heute Geburtstag hat und nicht hatte. Das ist wirklich eine liebevolle Sichtweise.
    Alles Liebe für dich.
    Sabine

  • Reply Moni Huth 28. Februar 2017 at 20:00

    Danke für den Blick in Dein Innerstes. Chapeau!
    Für ein Überdenken der eigenen Situation.
    ….der Blick nach vorne.
    Positive Gedankenschubser.
    Alles,alles Gute 🙂 für Dich.
    LG
    Moni

  • Reply Silke 1. März 2017 at 8:53

    Liebe Barbara, sehr schöne Worte!
    Feier das Leben und die schönen Erinnerungen!
    Liebe Grüße!

  • Reply Manu 1. März 2017 at 15:56

    Liebe Barbara,
    eigentlich weiß ich gar nicht genau, was ich schreiben soll, aber ich wollte auch nicht einfach so wieder gehen.
    Ich weiß, dass es etwas total anderes ist, wenn der Partner nach 36 Jahren Beziehung stirbt, aber mir hat es damals auch den Boden unter den Füßen weggezogen, als mein Sohn im Dez. 2003 starb. Auch ich habe wieder Freude am Leben, obwohl ich mir das damals nicht mal ansatzweise vorstellen konnte. Ja, mir geht es gut …. aber es war ein langer Weg.
    Ich wünsche dir alles Gute!
    LG Manu

  • Reply Lena 2. März 2017 at 8:11

    Schöne Worte, liebe Barbara. Ich glaube, Du hast damit sehr vielen Menschen aus der Seele gesprochen. Es ist ein hartes Thema, doch es gehört bei so vielen eben auch zum Leben und zur Geschichte. 2013 habe ich meinen Papa an diese Krankheit, bzw. an die Folgen, verloren und 7 Monate später hat uns mein Opa verlassen – zwei heftige Schläge für unsere Familie.
    Danke, dass Du das alles mit uns teilst, das tut gut.

  • Reply Nadine 7. März 2017 at 20:36

    So tolle Worte und ein tolles LO. Liebe Barbara, ich habe Tränen in den Augen, weil von einem Guten Freund die Frau gestorben ist. Er ist nun allein mit 2 kleinen Kindern. Und ich bin einfach nur traurig mit ihm. Sie konnten keinen Abschied nehmen und ich glaube das ist das schlimmste für ihn.
    Ich finde es sehr schön, dass du mit uns auch deine schlimmen Momente teilst.
    Vielen Dank.

  • Reply Elke Rauschkolb 14. März 2017 at 22:55

    Als ich damals deinen Bericht gelesen hatte, habe ich vor dem PC gesessen und habe geheult. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als dein Mann gesagt hatte, als er deinen Alben durch gesehen hat, das du dies niemals aufgeben sollst. Ich glaube du warst auch mal selbstständig und dein Hoppy ist in Stress ausgeartet. Du hattest es aber noch rechtzeitig geschafft,einen Schlussstrich zu ziehen und dir dein Hobby zu bewaren,oder verwechsele ich da was. Jedenfalls hatte ich damals auch mal begonnen, mir aufzuschreiben was ich alles so gebastelt habe für andere, so das für mich und meine Ideen keine Zeit mehr blieb. Da musste ich an dich denken. Dann 2010 starb mein Vater ganz plötzlich eine paar Tage vor Weihnachten. Damals hatte ich erst die Lust am basteln verloren. Hatte aber immer deinen Block gelesen und nach und nach wieder mit dem basteln angefangen. Für mich ist das die beste Therapie. Da kann ich abschalten. Jetzt bastele ich nur noch für ganz wenige Freunde, so das ich auch mal Zeit habe an meine Ideen zu arbeiten. Vielen Dank das du auch soviel ausprobierst und uns es mitteilst. Habe viel von dir gelern. Vielen Dank für alles. LG Elke

  • Reply scrap-impulse 20. März 2017 at 14:19

    Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar, Elke! Ich freue mich zu lesen, dass due auch Basteln als Therapie siehst, und so Erinnerungen bewahrst.

  • Reply scrap-impulse 20. März 2017 at 14:20

    Vielen Dank, Nadine. Das Leben ist ja manchmal eine Achterbahnfahrt, und es geht nicht immer nur bergauf. Warum soll man die Talfahrten nicht teilen, es geht uns ja allen so.

  • Reply scrap-impulse 20. März 2017 at 14:21

    Danke Lena, mir tut es gut, deinen lieben Kommentar zu lesen.

  • Reply scrap-impulse 20. März 2017 at 14:22

    Danke dir, Manu, ein Kind zu verlieren, das kann ich mir nicht mal ansatzweise vorstellen und bete, dass mir das erspart bleibt. Aber ansonsten hast du recht, die Zeit heilt die Wunden, wenn auch langsam.

  • Reply scrap-impulse 20. März 2017 at 14:23

    Danke liebe Petra!

  • Reply Brigadier 13. April 2017 at 15:49

    Hallo Barbara, zufällig bin ich heute auf deine Seite gekommen und bin hängengeblieben, natürlich kenn ich den Text von Christl Stürmer, wohnt ja nur ein Katzensprung von mir entfernt. Mein Mann ist auch vor einem Jahr unerwartet verstorben, meine Kinder und ich wurde mitten ins Herz getroffen und jetzt hab ich den Einstieg ins Album gefunden, ein Impuls dank dir, auch ich werde Liedtexte die ihm und mir was bedeuteten, verarbeiten. Am Anfang hab ich immer das Lied von Hubert von Goisern angehört: Weit, weit, weg und das Lied von Mario Lesekrug: Niemals geht man so ganz.. diese Lieder haben mir sehr geholfen.
    Das Album werde ich für die Kinder und Enkelkinder machen.

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