"Wissen sie eigentlich, wie stolz ihr Mann auf ihr Scrapbooking ist ?" Als ich diesen Satz aus dem Munde unserer Therapeutin hörte, ungefähr eine Woche vor dem Tode meines Mannes, durchfuhr mich ein Gefühl zwischen großer Freude und tiefer Trauer. Warum erkennen wir den Sinn und Wert mancher Dinge im Leben erst wenn es fast zu spät ist ??
Josef hatte mich gebeten, ihm eines meiner großen Alben mit ins Krankenhaus zu bringen. Er lag im Bett, fast zu erschöpft die Seiten umzublättern und schlief immer wieder ein. Er schaute sich jedes Layout an, als würde er es zum ersten Mal sehen, las die Texte und sagte immer wieder : wie schön…., das weiß ich noch…., ach ja, genau…. .
Josefine hatte mir morgens erzählt, dass er zuhause in den Tagen nach Weihnachten in den frühen Morgenstunden oft in allen kleinen und großen Alben blätterte, während wir anderen in erschöpftem Tiefschlaf lagen und seine Krankheit ihn nicht schlafen ließ.
Mein Mann ? Der hauptsächlich Arbeit und Sport kannte, und immer nur sagte : sitzt du schon wieder da und bastelst…., oder ein leicht abwesendes : hmmm, schön…, wenn ich ihm meine Werke zeigte. Er guckte sich wirklich nächtelang Alben an ??
Als Josefine mir das sagte war ich ungläubig erstaunt und gerührt.
Am nächsten Tag sagte unsere Therapeutin im Krankenhaus zu mir den bereits zitierten Satz. Mein Mann war stolz auf meine Werke und war froh um die darin festgehaltenen Erinnerungen! Es zerriss mir wieder mal das Herz. Er sagte dann auch zu mir : " Du musst Fotos machen von allen Leuten, die uns im letzten Jahr begleitet haben und uns geholfen haben. Du musst ein Album darüber machen."
Worüber denn??
Über ihn?
Über dieses Monster, dass sich Krebs nennt?
Über die Tränen, den Schmerz, die Trauer?
Ich sagte nur : hmmmm, ja, das mache ich. Der Alltag und die Krankenhausroutine unterbrachen wie so oft das Gespräch. Und dann war es zu spät weiter darüber zu sprechen.
Im Mai 2008, einen Tag nachdem wir die grausame Diagnose bekamen, sagte er zu mir : du musst jetzt jede Woche ein Foto von mir machen. Das war sicher auch schon der Gedankem etwas festhalten zu wollen, wir sind eben eine Scrapbooking-Familie. Ich habe das aber nicht konsequent machen können, die Veränderungen taten erstmal zu weh um sie festhalten zu wollen.
Natürlich kann ich nicht aus meiner Haut. Natürlich hatte ich in all den Monaten in vielen Momenten immer wieder den Gedanken : darüber musst du ein Layout machen. Aber die allgegenwärtigen Depressionen, der Schmerz und die Ohnmacht lähmten meine Kreativität.
Überhaupt, will man daran erinnert werden ? An all das Schreckliche, diese Berg- und Talfahrt, die grausamen Ängste ? Ich konnte mir das nicht vorstellen, ich wollte nur vergessen und verdrängen.
Aber jetzt beginne ich langsam, das etwas anders zu sehen . Ich habe einen Auftrag. Und ich werde ihn irgendwann in Ruhe gerne erfüllen, für meinen Mann, für die Kinder und auch für mich.
Denn ich möchte wieder scrappen, endlich mal, und ich habe immer das wahre Leben verscrappt, mit allen Facetten. Das ganze Jahr 2008 möchte ich am liebsten in die Tonne hauen, für immer vergessen, es war das Schlimmste meines Lebens. Aber das geht ja leider nicht, und darum werde ich es genauso festhalten wie unser wunderbares Leben vorher, denn es gehört dazu, aus welchem Grund das Schicksal es auch so wollte.
Was macht frau also in schlaflosen Nächten ? Papierkram erledigen, Emails schreiben, heulen, tja..oder eben scrappen.
Hier ist also von heute nacht mein erstes therapeutisches Layout, der Anfang vom Album :
Warum ich dieses Foto genommen habe ? In den letzten Tagen haben meine Kinder mit ganz viel Hingabe eine Dia-Show für die Trauerfeier zusammengestellt, mit Fotos aus den 52 Lebensjahren ihres Vaters. Dieses Kramen in alten Fotos ist immer wieder eine Inspiration, und als uns dieses Foto in die Hände fiel dachte ich : das ist er, mein Josef. Unbeschwert und ein Draufgänger, und so möchte ich ihn wieder sehen können. Darum ist es ein guter Anfang für ein Album über ihn.
An dieser Stelle möchte ich auch ganz kurz und aus ganzem Herzen DANKE sagen, für die vielen guten Wünsche, die Anteilnahme und die Hilfe von euch Mädels, es bedeutet mir wirklich sehr viel. Ich würde das alles nicht überstehen ohne die vielen lieben Menschen, die uns immer und überall begegnen und begleiten.
Und momentan bin ich sehr beschäftigt, mein Leben mit den Kindern neu zu sortieren, Ines hat extremen Baustress. Es wird also noch einige Zeit etwas ruhiger hier bei Scrap-Impulse bleiben.
Aber wir werden dann auch wieder durchstarten, versprochen ! Und die für März geplanten Workshops sind in Vorbereitung, da habe ich eine besondere Überraschung für euch.
•••• •BARBARA