Als wir unsere Reise nach Las Vegas planten, stand es schnell fest, dass wir trotz der Kürze des Aufenthaltes nicht nur die Stadt, die Casinos und die Shopping Malls sehen wollten. Sondern auch so viel wie möglich von der traumhaft schönen Landschaft, die die Stadt im Tal umgibt.
Vom Ausflug ins Valley of Fire habe ich schon berichtet. Und trotz meiner vielen USA-Urlaube hatte ich es bis dahin noch nie zum Grand Canyon geschafft. Jeder, mit dem ich darüber sprach, war absolut begeistert. Es wurde also Zeit!
Wahrscheinlich wirkt kaum ein anderes Naturwunder dieser Erde beeindruckender auf den Betrachter als der 450 km lange Grand Canyon. Seine immense Größe relativiert jedes bekannt geglaubte Gefühl für Dimensionen.
Es gibt drei Punkte, die man für den Besuch des Grand Canyon National Parks in Arizona ansteuern kann. Der bekannteste ganzjährig zugängliche Punkt ist der South Rim, der pro Jahr von 90% der 5 Millionen Besucher besucht wird. Von dort hat man den imposantesten Blick auf den 1,6 km tiefen Canyon. Von Las Vegas aus wären in unserem Fall die 450 km (6 Stunden eine Strecke) als Tagesausflug nicht machbar gewesen.
Der North Rim, sehr beliebt für Hikes und Wanderungen ist schwer zugänglich und im Winter geschlossen. Er liegt nochmal 350 Meter höher als der South Rim und dort liegt im Winter reichlich Schnee.
Für einen Tagesausflug von Las Vegas aus (unsere Fahrzeit betrug ca. 2 1/2 Std.) bietet sich deshalb der 200 km entfernte Grand Canyon West an. Dort wurde 2007 der mehr als dreißig Millionen Dollar teure spektakuläre Grand Canyon Skywalk auf dem Land der Hualapai Indianer gebaut. Verwaltet wird er von einer Kooperation, an der auch die Indianer beteiligt sind.
Wir fuhren bequem morgens gegen 8 Uhr los und verspeisten unser im Zimmerpreis enthaltenes Starbucks-Frühstück to go im Auto. Die Fahrt führte uns auf dem Highway 93 über die Hoover Dam Bypass Brücke am Lake Mead vorbei. Leider konnten wir aus Zeitmangel keinen Schlenker zum See machen, oder zum Hoover Dam.
Vor lauter Gequatsche im Auto verpassten wir die Einfahrt zur Diamond Bar Road , das merkten wir zum Glück bereits, nachdem wir erst 5 Meilen weiter waren. Also zurück und dann links abgebogen in das Indianerreservat.
Ein wenig deprimierend, die Wohnhäuser in dieser Wüstengegend. Am Straßenrand lag eine tote Kuh, einfach so, gruselig. Die lag leider abends auf unserer Rückfahrt immer noch da.
Wie in den meisten anderen Indianerreservaten scheinen auch die Menschen in der Hualapai Indian Reservation ein tristes Dasein auf dem kargen Land zu fristen und leiden unter der hohen Arbeitslosigkeit und dem Rattenschwanz an Problemen, den diese nach sich zieht. Die Auswirkungen von Alkohol und Perspektivlosigkeit spiegeln sich in den heruntergekommenen Hütten und Behausungen im ganzen Ort wieder.
Durch die touristische Vermarktung des Grand Canyon West Gebietes werden zumindest Arbeitsplätze geschaffen und gesichert.
Wenn man nach einigen Meilen dann nach rechts abbiegt, sieht es zu Glück schon ganz anders aus. Tausende von Joshua Trees! Es sollen mehr sein als im Joshua Tree National Park, sagt man.
Und dann erscheint am Horizont auf einmal diese gigantische Formation. Oben total gerade, wie von Gottes Hand platt geklopft.
Der aufgeblasene Santa Claus vor der Polizeistation wirkt irgendwie seltsam. Aber immerhin. Die Sheriffs haben Weihnachtsdeko.
Wir hatten geplant, falls möglich einen Helikopter-Flug zu machen. Nachdem mir so viele Freunde davon vorgeschwärmt hatten, stand das ganz oben auf der Must-Do-Liste. Im Visitors Center erfuhren wir, dass Flüge mit Landung auf dem Grund des Canyons an diesem Tag nicht möglich wären. Wir kauften deshalb nur Tickets für den Überflug.
Der Eintritt für das Gebiet des Grand Canyon West, den jeder Besucher zahlen muss, beträgt mindestens $43 pro Person (Legacy Package). Von diesen Geldern wird alles instandgehalten und werden die Arbeitsplätze für die Hualapai garantiert, auch wenn die ganze Sache hier leider einen sehr touristischen Beigeschmack hat. Im Preis enthalten ist eine Hop On Hop Off Bustour, die drei Stationen anfährt, denn das Auto muss auf dem Parkplatz bleiben. Eine der Stationen ist ein nachgebautes Westerndorf, da sind wir gar nicht erst ausgestiegen. Die zweite Station ist der Eagle Point mit dem Skywalk. Der Gang über den Skywalk selber hätte zusätzlich $33 gekostet.
Maximal 120 Personen, dürfen sich gleichzeitig auf dem Skywalk mit Glasboden, durch den man 1200 Meter in die Tiefe schaut, aufhalten. Warteschlangen vorprogrammiert. Und man darf keine Taschen oder Kameras (!) mitnehmen. Aus diesem Grund haben wir darauf verzichtet und statt dessen den Heli-Flug gewählt. Ich finde den Beleg jetzt gerade nicht, aber wir haben ca. $ 200 für den Flug bezahlt. Geplante Flugzeit 12 Minuten. Nix für Weicheier, das war die günstigste Möglichkeit 😉
Als wir im Gebäude des Mini Flughafens ankamen ging es erstmal auf die Waage (ja ja, peinlich) und wir mussten uns ein Sicherheitsvideo ansehen.
Dann hatten wir Glück. Eine Gruppe von 3 wartenden Passagieren hatten die doppelt so teure “Edge and Beyond” Tour gebucht, mit Landung und Bootsfahrt im Canyon. Man musste den Heli auffüllen, da kamen wir passend! Ein kostenloses Upgrade für uns, sehr fein.
Nochmal eine kurze Einweisung, Arme unten halten, keine Selfiestangen (!) und wir quetschten uns in den Sundance Helikopter. Die Herrschaften mit den teuren Tickets saßen natürlich auf den besseren Plätzen am Fenster. Ich versuchte mit der Kamera trotzdem ein paar brauchbare Fotos zu machen.
Der Flug war erstaunlich leise und ruhig. Es ist viele Jahre her, dass ich in Neuseeland mal einen Helikopterflug gemacht habe. In meiner Erinnerung war es lauter und wilder. Dies hier war ein wenig wie Aufzugfahren. Die junge Pilotin flog sehr ruhig und gleichmäßig, sie macht das täglich im Viertelstundentakt. Also, auch für Leute mit Flugangst ist so ein Flug bestimmt zu machen, glaube ich.
Das Faszinierende ist ja, dass die Gegend flach ist, und der Colorado River vor jahrmillionen Jahren diesen unglaublich tiefen Einschnitt gemacht hat. Der Moment, wenn man über den Rand, over the edge fliegt, macht das besonders deutlich.
Dieser kleine braune Fluss ist der Colorado, sieht aus wie Latte Macciato von oben.
Wir landeten am Ufer und die Luxus-Truppe mit den teuren Tickets fuhr mit dem Boot ein paar Meilen flussaufwärts, während wir warteten.
Es war sehr sehr ruhig da unten, ausser einigen Angestellten war kein Mensch zu sehen oder zu hören. Unwirklich, irgendwie.
Und dann war es auch schon vorbei, die knappe halbe Stunde. Noch ein kurzes Stück durch den Canyon geflogen und dann steigt man wieder oben über den Rand und landet kurz darauf.
Die markantesten Punkte am Grand Canyon West sind der Eagle Point, der Skywalk und der Guano Point.
Der Eagle Point bezieht seinen Namen von einer gegenüberliegenden Felsformation, dem Eagle Rock, der aus den Tiefen des Canyons aufragt und die Form eines Adlers mit gespreizten Flügeln hat – für die Hualapau ein heiliger Ort.
Mich hat eine Sache wirklich erstaunt, weil ja sonst Sicherheit und Haftung und so weiter im den Staaten immer ein großes Thema sind. Nix an Absperrung da, man kann überall bis an die Kante.
Wenn da der Feind oder ein Trampel hinter einem steht, genügt ein Schubs, und platsch, segelt man in die Tiefe und ist weg. Meine Freundin Karin wendete sich mit Grausen ab und rief aus sicherer Entfernung: “Was macht ihr da so nah am Abgrund? Vorsicht! Ihr immer mit euren Fotos”
Aber ein kleines Experiment mit Selbstauslöser musste sein. Ich drücke keinem anderen Touri mehr meine Kamera in die Hand und hab dann nur unscharfe Fotos ohne Köpfe oder Füße, weil kaum noch einer weiss, wie man durch einen optischen Sucher schaut 😉
Und da ist der über dem Canyon schwebende Skywalk, ich hatte weiter oben schon einiges dazu gesagt. Durch den Glasboden zu schauen ist sicher ein Erlebnis, und an diesem Tag war es verhältnismäßig leer.
Mit dem Bus geht es dann noch ein paar Minuten weiter zum Guano Point.
Dort finden sich Überreste einer alten Guano Mine, in der bis in die Sechziger Guano, der als Dünger verwendet wird, abgebaut wurde. Genauer gesagt, war das Abbauprodukt Fledermaus-Scheiße, um korrekt zu übersetzen 😉
Da oben auf dem Berg steht meine Freundin Barbara und ruft: “Komm rauf!”
Ich so: “Bist du verrückt, mit der schweren Kamera und mit der Tasche! Ich bin doch keine Bergziege, und bin gestern 60 geworden!”
Und sie so: “Das schaffst du, ist ganz leicht!”
Na gut. Ging dann ganz easy.
Und hat sich gelohnt. Da stockt der Atem. Da wird man so klein, bei diesem gewaltigen Anblick. Es ist nicht wirklich in Worte zu fassen, wie es sich anfühlt, in mitten eines solchen Naturwunders zu stehen. Die gewaltige Größe dieser Landschaft.
Wie erwähnt ist der Grand Canyon West eine reine Touristenattraktion. Aber leider die einzige Option, wenn man von Las Vegas aus ohne Übernachtung den Grand Canyon sehen möchte. Ursprünglicher und noch gigantischer sind sicher der South Rim und der North Rim im Grand Canyon National Park. Aber die Spezies “schnell und alles mitnehmen” fährt zum West Rim, Beispiele auch hier zu sehen 😉
Bevor wir nach Las Vegas zurückfuhren mussten wir tanken. Zwischen Vegas und Grand Canyon West gibt es nur eine einzige Tankstelle, in Dolan Springs, 40 Meilen vor Grand Canyon West. Das hatten wir morgens nicht auf dem Schirm, und merkten erst vor der Rückfahrt, dass es knapp werden könnte bis zum Hotel. Man sagte uns, wir könnten an dem kleinen Flughafen dort tanken. Kostete leider doppelt soviel wie an der Tankstelle in Las Vegas. Tja …..
Die Rückfahrt führte uns wieder am Lake Mead vorbei. Da wir abends ein Date mit Jacko hatten, mussten wir leider zügig durchfahren. Am Horizont taucht irgendwann die Stadt auf und wieder wird einem der Gegensatz zwischen Natur drum herum und dem Wahnsinn dieser Stadt im Tal bewusst.
Im nächsten Beitrag erzähle ich euch über Las Vegas Nightlife, Restaurants, Shows, Cowboys und barbusige Nonnen. Oder, das mit den Nonnen lasse ich vielleicht doch weg?
Mal sehen ….
Bis bald dann, stay tuned!
Barbara
8 Comments
Fantastisch dein Reisebericht! Man möchte am liebsten auch gleich hin. Bin schon gespannt auf den nächsten Teil – und ich möchte auch was über die barbusigen Nonnen hören/sehen … ;-)))
Ich bekomme Gänsehut, wenn ich deine Bilder vom Grand Canyon sehe. Wir waren am South Rim und haben einen Sonnenuntergang miterlebt, den ich mein Leben nicht vergessen werde. Für mich war dieses Naturwunder mehr als beeindruckend, ich will wieder hin! In den Colorado hab ich meine Zecherl hineingestreckt, buh war der kalt. Diese Landschaft ist für jeden ein Muss, ist es doch eines der sieben Weltwunder! Danke für deinen tollen und informativen Reisebericht über den Westen der USA. LG Gerlinde und bitte…… ich will auch von den barbusigen Nonnen lesen;-) ich hab Tickets von Celine Dion im Mai:-)))))))))))) LG Gerlinde
Deine Reiseberichte sind klasse, auch wenn mich Amerika als Reiseland gar nicht so interresiert lese ich sie super gern. Danke das du dir die Mühe machst und uns daran teilhaben lässt. Viele Grüße Sarah
Ein toller Bericht. Danke dafür. Das möchte ich auch alles noch sehen!!!!!
und von den barbusigen Nonnen bei Dir lesen.
Im Post zu BG habe ich gelsen, dass Du gebürtig aus Buer bist. Ich habe 27 Jahre in diesem Stadtteil gearbeitet.
Bin gespannt auf deine weiteren Reiseberichte.
LG Heidrun
Das sind ja super Bilder …. gigantisch. Ein tolles Erlebnis.
Und wie war das jetzt mit den Nonnen?
Einen schönen Sonntag und
liebe Grüße Petra
So schöne Fotos und so ehrlich geschrieben. Ich wäre auch nicht auf die Glasplatte gegangen. Da hätte ich glaube ich Muffensausen gehabt. Aber wie teuer das alles ist. Und das da nichts abgesperrt ist finde ich auch beunruhigend. Ich hätte es wie deine Freundin gemacht 🙂 Danke für den Bericht und ich freu mich auch auf die Nonnengeschichte
Liebe Grüße Anne
Ein toller Bericht, aber ich muss deiner Freundin Karin recht geben!! Das könnte auch ich sein, die da gerufen hat. Mir wird schon beinahe schlecht, wenn ich auf dem BILD nach unten schaue;-)
Und aus der Nummer mit den barbusigen Nonnen kommst du jetzt nicht mehr raus!
Liebe Grüße
Moni
Wann geht es eigentlich mit der Serie weiter? Kann es kaum erwarten, weiterzulesen … vor allem, weil mich die Stadt auch interessiert 🙂