Mein aktuelles Projekt ist ein Mini Book Mixed Media Collage. Dazu bin ich mehr oder weniger zufällig gekommen, ich erzähle euch kurz die Geschichte dazu.
Seit einigen Jahren nehmen Künstler aus aller Welt am 100 Day Project teil. Hundert Tage täglich etwas machen. Mich hat es schon oft gereizt da mitzumachen, aber wisst ihr wieviel 100 Tage sind? Fast drei Monate. No way Jose, dachte ich. Schaffe ich wahrscheinlich nicht.
Und dann stieß ich auf die Seite von Shay Michelle, die den gleichen Gedanken wie ich (und viele Andere) hatte und daraus die #pretend100dayproject Challenge macht. Also sozusagen: ich versuche es, aber vielleicht tue ich auch nur so.
Yes! Das könnte passen, dachte ich. Einen Monat vielleicht? 30 Tage? das könnte gehen. Im Büro fielen mit quadratische Faltprospekte auf, die Seiten sind ungefähr 15 x 15 cm groß. Also habe ich mir ein paar geschnappt und einfach mit einem Mini Book Mixed Media Collage losgelegt.
Durch die Vorbereitungen des vergangenen Workshops hatte ich einiges an bedruckten Papieren, Buchseiten mit Farbspuren, Collageschnipseln und so weiter auf dem Basteltisch. Schnell wurde klar, dass es ein Mini Book Mixed Media Collage werden würde. Mit einer täglichen Seite. Da wusste ich noch nicht … aber dazu später.
Dazu habe ich ab und zu Stempel oder in diesem Fall eine Paste verwendet, die ich schon länger ausprobieren wollte.
Und tägliche Ephemera. Also Sachen, die in der Post sind, oder Verpackungen, oder was mir täglich so unterkommt an schöner Typologie oder Worten. Zu 95 % sind im Mini Book gerissene und geklebte Papierschnipsel. Ein paar Stoffreste und Farbe.
Zusätzlich habe ich auf fast allen Seiten genäht. Das gibt den Seiten zusätzliche Stabilität, denn der ursprüngliche Prospekt, also die Basis, bestand aus relativ dünnen Seiten.
Die Gästen meines Workshops werden sicher einige der verwendeten Schnipsel bekannt vorkommen. Vielleicht ist es auch eine Anregung für ihre eigenen bunten Papierreste aus dem Workshop? Ich habe wirklich hemmungslos ohne Plan drauflos geklebt, sehr spielerisch und ohne viel zu überlegen.
Anfangs habe ich noch das jeweilige Datum auf die Seiten gestempelt. Irgendwann kam ich aber durcheinander mit den Seiten, da ich nur auf den rechten Seiten nähen wollte und die jeweils linken Seiten voll bekleben, um die Verwicklungen der Unterfäden zu verdecken. Denn wenn die Maschine durch drei Schichten Papier plus Kleber rattern muss, sieht das von hinten nicht berauschend aus.
Warum mein Mini Book Mixed Media Collage vielleicht doch 100 Seiten haben könnte
Dann habe ich das mit dem Datum gelassen. Weil ich inzwischen bereits 22 Seiten gemacht habe. Ja, mehr als geplant, ich war meistens so im Flow und es hat bisher wahnsinnig viel Spaß gemacht.
Einer der Gründe ist, dass ich noch bewusster als sonst auf Dinge schaue. Kann ich das noch verwenden, statt es in den Müll zu werfen? Kann ich damit noch weiterspielen?
Siehe oben links, beim Frankieren von Briefen diese kleinen zarten weißen Rändchen. Oder hier diese Wörter. Ich hatte diesen Sugru Kleber* bestellt, um mein Ladekabel zu reparieren (hat übrigens super funktioniert, kann ich sehr empfehlen). Die beiliegende Gebrauchsanweisung war ein grafischer Traum, ich habe alle 20 oder so Wörter erstmal ausgeschnitten und immer mal wieder im Mini Book Mixed Media Collage verwendet.
Immer mal wieder bin ich auf Schatzsuche auf dem Flohmarkt. Vintage Papiere, alte Bücher, wenn ihr mir auf Instagram folgt, kennt ihr das schon. Allerdings finde ich oft wahre Schätze, die mir dann zum Zerreißen oder Überpinseln doch zu schade sind. Sie werden sicher im Original mal in Journals verarbeitet, aber nicht so wild.
Die Lösung für mein Mini Book Mixed Media Collage: Farbkopien. Auf ungebleichtem Recycling Papier, das sieht super aus. Hier unten seht ihr Beispiele. Eine Landkarte für Radfahrer aus England, ein altes Sparkassenbuch, ein alter Lehrvertrag und ein Büchlein mit FDJ Mitgliedsmarken aus der DDR. Habe ich alles fix auf den Kopierer gelegt und kann jetzt hemmungslos drauflos reißen.
Ich hatte ja meiner Tochter beim Umzug von München nach Berlin geholfen. Dafür wurde vorher ordentlich ausgemistet, auch bei den Unterlagen aus dem Studium. Einige ihrer riesigen Konstruktions-Zeichnungen wären fast in den Papiercontainer gewandert, hätte ich sie nicht im letzten Moment mit: “Nein!! Die kann ich sicher noch gebrauchen!” gerettet. Und ein Stück davon sehr ihr jetzt rechts unten.
Links ein etwas missglückter Gel Press Druck. Als ich vor einigen Tagen bei Boesner Nachschub an Farben gekauft habe, streichelte ich im Vorbeilaufen einmal kurz über einen der Kataloge. Ha! Glatt und glänzend, mitgenommen. Ich wollte versuchen, bereits mit Collage-Elementen beklebtes Papier zu bedrucken. Hat fast funktioniert, wenn man weiß, dass es Pinsel sind, erkennt man sie. Ich war aber zu ungeduldig und habe den Druck nicht lange genug auf der Platte trocknen lassen. Wieder was gelernt für den nächsten Magazin Transfer.
Und Schriftzüge aus einem Katalog für Künstlerbedarf sind sowas von geeignet für mein Thema! Auf der rechten Seite habe ich zwei der netten Beigaben verarbeitet, die mit Teilnehmer am ATC Tausch mitgeschickt hatten. Eine Serviette mit Schmetterlingen und eine bemalte Seite aus einem Cosmopolitan Magazin.
Was ich auch zwischendurch eingearbeitet habe: kleine Stofffetzen. Ich liebe es, mit den Fingern über diese unterschiedlichen Strukturen zu fahren, diese Haptik! Werde ich jetzt öfter einbauen.
Die linke Seite war wieder ein Probedruck für den Mixed Media Workshop. Ich hatte mir dafür die Kombination der Farben notiert, jetzt sind sie mit im Mini Book. Und rechts diente das bereits erwähnte Sparkassenbuch bzw die K0pie als Untergrund.
Bei der nächsten Seite habe ich Adele gehört. Ich war dabei, einige mehr oder weniger gelungene Magazin Transfers aus einem Kunstkatalog verarbeiten, das hatte ich auch neulich in meinen Instagram Stories gezeigt.
Und dann hatte ich den Ohrwurm. “Hello from the other side, I must have called a thousand times …” Ihr kennt es.
Er ergab sich quasi von selbst, zusammen mit der Briefmarke von der anderen Seite der Mauer. Ich liebe es, wenn die Seiten in meinen Art Journals nicht nur interessant aussehen, sondern auch noch eine Art Aussage haben. Das ist der Scrapbooker in mir. Worte ersetzen hier die Fotos, damit es irgendwie mehr Sinn ergibt.
Aber wisst ihr was seltsam ist? Die Schnipsel auf meinem Tisch werden trotzdem gefühlt nicht weniger. Von den größeren Papieren verwende ich hier ja auch nur kleine Stücke für Collagen, der Rest ist immer noch ein Berg.
Und das sind die Seiten, die gestern entstanden sind, sie sind Motivation und Belohnung gleichzeitig. Ich habe tatsächlich eine Menge mehr geschafft als geplant! Oder als ich mir zugetraut habe.
Eigentlich dachte ich nach einer Woche durch zu sein. Eine schnelle Fadenbindung für drei Doppelseiten und fertig. Jetzt habe ich da schon so einen vielschichtigen Klopper, dass ich mir was anderes einfallen lassen muss.
Denn ich mache weiter mit meinem Mini Book Mixed Media Collage, weil es einfach Spaß macht und ein so spielerisches kreatives Potential hat. Wenn es noch wesentlich dicker wird, binde ich es mit Ringen oder einer Spirale. Oder baue eine passende Hülle, mal schauen. Und dann hoffe ich, dass ich noch mehr Prospekte im Büro finde.
Macht denn irgendjemand von euch beim Original The 100 Day Project mit?
Ich bewundere das, man kann unter den jeweiligen Hashtags #The100DayProject und dem #pretend100dayproject die Werke vieler Teilnehmer*innen sehen. Es gibt sogar einen Podcast zum Thema.
So, jetzt muss ich mich um meine Nähmaschine kümmern, die bei den letzten Seiten ihren Geist aufgab und streikte. Der Oberfaden riss zum Schluss ständig. Alle gängigen Tricks habe ich bereits erfolglos probiert. Nachdem ich bei Instagram meine Follower um Hilfe gebeten habe, kamen noch einige Tipps. Ich schraube die Maschine jetzt mal auseinander, verpasse ihr eine Grundreinigung und versuche besseres Garn als das von Ikea.
Drückt mir bitte die Daumen! Da ich gerade erst eine neue Spülmaschine kaufen musste, muss die Nähmaschine noch eine Zeitlang durchhalten.
Habt noch eine schöne Woche!
Alles Liebe
2 Comments
Hello from … down under Cologne,
deine Idee, einfach zu kleben, ohne gewollt zu denken, finde ich gut. Ich könnte mal den täglich zu leerenden Papierkorb durchforsten. Auch wenn 99% aus Tageszeitung besteht, wird sich sicher eine Seite zusammenstellen lassen. Wenn die dann mit Spachtelmasse, Farbe, Stempel und bunten Fetzen überlagert wird, wäre interessant.
Ich versuche, das Jahr der Briefmarke (#briefmarkenjahr2024) durchzuhalten, also jede Woche zu einem anderen Thema eine Briefmarke zu gestalten. Wenn man weiß, was man machen will, ist das schnell getan, aber alles andere muss in der Zeit trotzdem wieder zurückgestellt werden. Glück hat, wer seinen Tag nur ganz für sich alleine planen kann.
Nein, die Berge werden nicht kleiner, aber ohne Kleber und Papier macht das Leben noch weniger Spaß als sowieso (im Januar/Februar, wenn man wenig unternehmen kann).
Liebe Grüße
ela
Eine wundervolle Arbeit, die sehr inspirierend ist. Und diese Arbeit lässt sich sicherlich wunderbar bei der Hochzeit mit integrieren. Auch wenn es die Hochzeit der Tochter ist, könnte man so Tischkarten oder Einladungskarten wie am Fließband zaubern. Aber die Möglichkeiten sind ja so vielseitig unbegrenzt.