Eigentlich wollte ich gestern aufräumen. Aber wenn mein Art Journal einmal draußen auf dem Tisch liegt, könnte ich es ständig zu meinem persönlichen, kreativen Rückzugsort machen. Egal, ob ich stundenlang an einer Seite arbeite oder in wenigen Minuten ein bisschen Farbe und ein paar Schnipsel auf das Papier bringe.
Ich male, reisse, klebe, stempele, schmiere mit den Fingerspitzen und das alles ohne großes Ziel. Go with the flow, einfach Spaß haben und ausprobieren. Das Problem dabei: ich kann kaum aufhören, wenn ich einmal anfange. Art Journaling ist für mich eine wunderbare Möglichkeit, Kreativität und Spaß zu verbinden – ganz ohne Regeln oder Perfektionsdruck. Farben, Collagen und Strukturen gestalten und meistens auch noch ein paar reflektierende oder motivierenden Worte, in meinem Art Journal gibt es kein richtig oder falsch.
Ganz nach dem Motto: Weg mit dem Erwartungsdruck – rein in die Entspannung! Denn genau darum geht es meiner Meinung nach beim Art Journaling: die Freude am kreativen Prozess. Im Flow sein, sich treiben lassen und einfach erschaffen – ohne Druck, ohne Regeln, nur für mich.
Statt nach meinen letzten Spielereien mit Vintage Papieren im Art Journal das Chaos auf dem Tisch aufzuräumen, wollte ich noch schnell etwas Neues probieren. Nämlich Acrylfarbe nur mit einem großen Spachtel aufzutragen, irgendwo hatte ich das gesehen und es wirkte so lässig.
Also habe ich als erstes eine Collage als Hintergrund zusammengeklebt. Dieses mal unter anderem mit alten Papieren, die ich in einem Etsy Shop in Schweden bestellt hatte. Dokumente, Briefe und Handschrift in verschiiedenen Sprachen haben noch mal etwas ganz Besonderes und bringen Varianten ins Art Journaling. Und sind zudem spannend!
Das kleine Päckchen kam just gestern morgen an und ich habe sofort einiges davon eingescannt. Alte Originale verwende ich ungerne, wenn ich schon vorher weiß, dass sie sie ziemlich heftig übermalen werde. Die Original Papiere, Umschläge usw verwende ich dann gerne zum Binden von Junk Journals, dabei kommen die zum Teil stark gealterten Papiere besser von allen Seiten zur Geltung.
Mein aktuelles Art Journal ist übrigens ein Dylusions Large Ledger Journal*. Ich mag, dass es schon bedruckte Seiten hat und man so den Eindruck eines alten Journals als Basis hat.
Dann habe ich mir einige meiner Golden Acrylics* in halbtransparenter Konsistenz rausgesucht, da ich die alten Papiere ja nicht komplett übermalen wollte, sondern sie sollten noch durchschimmern.
Transparente Acrylfarbe auf Vintage Papieren im Art Journal
Aufgetragen habe ich die Farben dann grob mit einem breiten Gummispachtel. Einfach drauflos, ohne mir groß Gedanken zu machen. Für den Auftrag habe ich vorher einen Klecks Farbe auf eine kleine Gelli Plate gegeben und dann mit dem Spachtel aufgenommen. Ich verwende meine kleineren Gelli Plates* gerne als Palette, weil ich so auch den letzten Rest Farbe verwenden kann. Wie, das zeige ich euch auf der nächsten Seite.
Auf meine Seiten im Art Journal muss auch immer irgendwie Text. Ich bin halt ein alter Scrapbooker und ganz ohne Typografie oder irgendeiner Aussage fühlen sich Seiten für mich nicht so richtig rund an. Oder sinnvoll. Oder leer. Wie auch immer.
Text oder Typografie im Art Journal
Entweder nutze ich dafür Stempel oder auch sehr gerne Collage Schnipsel aus Magazinen. Ganz hervorragend eignet sich dafür das FLOW Magazin, finde ich. Davon habe ich auf einem Flohmarkt oder bei Kleinanzeigen mal einen Stapel erstanden und finde immer schnell etwas passendes für die Seite oder meine Gedanken in dem Moment.
Was ich auch noch schnell ausprobieren wollte: ein Siegel mit Briefmarken-Motiv. Das hatte ich von meinem letzten Besuch bei meiner Tochter in London in einem ganz entzückenden Papierladen gekauft. Deswegen habe ich für die Basis Collage auf diesen beiden Seiten auch Briefumschläge und Briefmarken verwendet. Thema Post und Briefmarken, ihr wisst, dass ich gerade leicht verrückt danach bin, haha.
Farbiges Siegelwachs* hatte ich zum Glück noch, man braucht das wahrscheinlich sowieso nie im Leben auf. Ich liebe übrigens diese Farbexplosion. Einschließlich des rosafarbenen Kassenbons aus dem süßen kleinen Papierladen. Der war in der Tüte mit dem Siegel und wie konnte ich ihn nicht direkt mit verarbeiten?
Nun hätte ich eigentlich aufräumen können. Aber da war noch der Rest Farben auf der Gelli Plate. Zu schade zum Abwaschen. Also habe ich die Platte mit farblosem Gel Medium* auf der nächsten Seite im Art Journal abgedruckt. Ihr braucht von diesem Gel Medium, das ihr auch als Kleber nutzen könnt, immer nur ein paar Tropfen für Gel Press Druck auf der Druckplatte mit der Farbwalze dünn auszurollen. Es trocknet etwas länger als Acrylfarbe, also lasst Papier und Druckplatte in Ruhe mindestens 15 Minuten zusammen. Am besten noch mit einem dicken Buch beschwert. Dann hat sich die Farbe komplett auf das Papier übertragen und die Platte sollte beim Abzug komplett sauber sein.
Einige Stellen habe ich zusätzlich mit einer Schablone und etwas Farbe auf einem Schwämmchen aufgefüllt. Einen kleinen Zweig gestempelt. Und ein sehr passendes Zitat dazu geklebt.
Auf der rechten Seite habe ich erst locker mit einem Bleistift herumgekritzelt. Und dann die so entstandenen unregelmäßigen Felder mit Farben gefüllt.
Irgendwie hatte das Ganze auf einmal die Form eines Teddybärs. Und dieses Bild (wahrscheinlich sehe auch nur ich es) ging nicht mehr aus meinem Kopf. Dann habe ich jedes Feld noch zusätzlich mit Schnipseln, Stempeln und Gekritzel gefüllt. Und fand es erst blöd. Aber Schritt für Schritt machte ich einfach intuitiv weiter auf der Seite. Und auf einmal passte es. Ich mag diese Farbkombination einfach sehr, deswegen konnte ich wahrscheinlich auch nicht aufhören damit.
Auf eine weiße Albumseite zu starren und zu denken: “was ist, wenn ich es versaue?” kann auch eine Lähmung verursachen. Na ja, ganz so schlimm ist es nicht, aber ich finde, ein Art Journal muss kein Meisterwerk sein. Wenn die Seite mir nicht gefällt, blättere ich einfach um und fange eine neue an. Oder ich arbeite später auf einer halbfertigen Seite weiter. Alles kann, nichts muss, das ist das Schöne am Artjournal.
Collage Soup im Art Journal
Ich hatte euch die Magazine von Collage Soup schon öfter empfohlen, zuletzt in diesem Beitrag zum Thema Magazin Transfer. Als ich ein neues Collage Soup Magazin von Jack Ravi* entdeckte (dem folge ich schon so lange auf Instagram) musste ich es sofort haben. Gestern kam es an und – ihr erratet es – ich konnte immer noch nicht aufräumen. Sondern musste wenigstens eine Seite schnell ausprobieren. Außerdem hatte ich schon wieder (von der Monster-Malerei) Farbe auf der Gelli Plate übrig. Never ending story.
Die Platte mit den Farbresten habe ich wie oben beschrieben wieder auf einer Seite im Art Journal abgedruckt und dann die Seite aus dem Collage Soup Magazin mit der Transfer Technik auf eine A4 Gel Press Platte* abgedruckt.
Die Uhren habe ich zum Teil mit Farbe ausgefüllt, hier seht ihr quasi die Rückseite der Platte. Nachdem alles gut getrocknet war, habe ich das Ganze mit Gel Medium auf die Art Journal Seite über die Farbkleckse gedruckt.
In diesem Fall habe ich die Platte umgedreht, also nicht wie üblich das Papier auf die Platte gelegt, sondern die Platte auf das Papier. Ich hoffe, ihr versteht wie ich das meine. Auf dem Foto sieht es deswegen auch so verschwommen aus, die Platte liegt da noch auf der Art Journal Seite und ich habe sie nach ungefähr 15 Minuten Trockenzeit abgerollt.
Ein paar Stempelabdrücke, Washi Tape und einige Pinselstriche später war es für mich fertig. Und genau das passende Zitat fand ich sofort beim Durchblättern einer FLOW Zeitschrift.
Auf der linken Seite habe ich noch ein Stück Landkarte aus der Papierstapel mit alten Papieren verwurstet. Landkarten sind beim Scrapbooking gerade auch ein Trendthema, aber besonders in alten Karten finde ich die Verschiebungen im Lauf der Geschichte spannend. Ich habe dann noch ein wenig drum herum gepinselt, um irgendwie die Linien der Landkarte oder die Rundungen der Breitengrade aufzugreifen. Sieht jetzt annähernd wie ein Globus aus.
Nochmal zur Erinnerung: Beim Art Journaling geht es nicht darum, perfekte Bilder zu malen. Sondern wie ein Kind im Malbuch zu spielen. Ich bewundere ja Menschen, die in ihren Art Journals einfach ihre Gedanken in Handschrift einfügen. Soweit bin ich noch nicht, aber es reizt mich sehr. Solange bleibe ich bei Collage Wörtern.
Das i-Tüpfelchen sind noch ein paar Briefmarken, die neuerdings auch Scrapbooking Ikone Heidi Swapp im Angebot hat, als Washi Tape. Musste ich natürlich bestellen, auch wenn ich schon 100.000 Briefmarken habe. Kennt ihr, oder?
Ich bin vor über fünf Jahren zum Art Journaling gekommen, während des ersten Lockdowns. Seither liebe ich die kreative Freiheit, die mir Art Journaling bietet. Und dass ich so meine Schnipselkisten mit gesammeltem Papierzeugs und die vielen Gelpress Drucke weiterverwenden kann.
Habt ihr auch ein Artjournal? Oder habt ihr euch bisher nicht getraut? Erzählt doch mal!
So, das war es aber für heute. Jetzt wird endgültig aufgeräumt, denn ich brauche viel Platz, um an neuen Workshop-Projekten zu arbeiten. Und es sind endlich alle Materialien für den Crop Am Rhein eingetroffen, jetzt kann ich endlich mit der konkreten Umsetzung anfangen.
Danke, dass ihr vorbeigeschaut habt und danke für das schöne Feedback für meine aktuellen Farbexplosionen!
Alles Liebe
Barbara
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